Kroatien
Beschreibung
Das Bildungssystem Kroatiens wird zentral gesteuert. Das Ministerium für Erziehung und Sport (Ministarstvo znanosti, obrazovanja i športa) ist für den Grundschulbereich (Osnovna škola) zuständig, welcher die Primarstufe und Sekundarstufe I umfasst, für die Mittelschulen (Sredjne škole), welche die Sekundarstufe II abdecken sowie für die tertiäre Bildung . Seit 2007 gilt eine elfjährige Schulpflicht (Grund- und Mittelschule).
Nach erfolgreichem Beenden der Grundschule mit dem Abschluss „Svjedodžba“ stehen folgende berufsbezogene Bildungsgänge an verschiedenen Mittelschulen zur Auswahl:
- Am Ende der vierjährigen Bildungsgänge wird ein Abschlusszeugnis „Svjedodžba o završnom ispitu“ ausgestellt, welches zum Besuch des tertiären Bildungssektors sowie der Hochschule berechtigt.
- an den Handwerks- und Industrieschulen (Obrtnicki i industrijski strukovna škola) werden ein- oder zweijährige Programme angeboten, die eine allgemeine Berufsfähigkeit vermitteln, welche durch das Zeugnis „Svjedodžba o završnom ispitu - niža stručna sprema“ bescheinigt wird.
- an den Handwerks- und Industrieschulen (Obrtnicki i industrijski strukovna škola) werden dreijährige arbeitsmarktbezogene Ausbildungen (Vollzeit oder dual) angeboten, an deren Ende das berufliche Abschlusszeugnis „Svjedodžba o završnom ispitu“ oder „Svjedodžba o pomoćničkom zvanju“ (Gesellenprüfung) ausgestellt wird.
Nach dem erfolgreichen Beenden der vierjährigen Ausbildung an den technischen Schulen sowie den Kunstschulen kann die Fachhochschule besucht werden, an der nach drei bis vier Jahren der Grad eines Bachelors „Stručni pristupnik“ bzw. Diploms „Stručni prvostupnik“ erlangt werden kann. Im Anschluss daran ist ein ein- bis zweijähriges berufsbezogenes Aufbaustudium möglich, welches mit dem Titel „Stručni specijalista“ abschließt.
An die erfolgreich abgeschlossene dreijährige Ausbildung an den Handwerks- und Industrieschulen kann eine ein- bis dreijährige Meisterausbildung an Mittelschulen und Weiterbildungseinrichtungen (Majstorska ispit) angeschlossen werden, welche mit dem Titel „Majstorskom zvanju“ oder „Majstorska diploma“ abschließt.
Die berufliche Erwachsenenbildung war in Kroatien bis 2007 in dem Gesetz über die mittlere Schulbildung verankert, seit dem existiert ein eigenes Gesetz zur Erwachsenenbildung. Eine eindeutige Regelung des Stundenumfangs der beruflichen Erwachsenenbildung existiert seit dem 2007 neu eingeführten Gesetz. Erwachsene, die über keinen Schulabschluss und keine Berufserfahrung verfügen, müssen 50 % der Theorie und 100 % der Praxis im Vergleich zu einer beruflichen Erstausbildung absolvieren. Personen mit abgeschlossener Schulbildung und einschlägiger Berufserfahrung haben die Möglichkeit, die Ausbildung zu verkürzen.
Vollzeitschulische und duale Ausbildungsgänge:
In den Bildungsgängen der dreijährigen Handwerks- und Industrieschulen erfolgte die Berufsausbildung überwiegend vollzeitschulisch. Auf der Grundlage des Handwerksgesetzes von 1993 wurde ab 1995 nach und nach die duale Ausbildung nach deutschem Vorbild ausgeweitet. 2003 wurden die dualen Ausbildungsberufe gesetzlich geregelt. Inzwischen gibt es 62 Handwerksprogramme (Strukovna izobrazba); 16 davon werden ausschließlich dual angeboten, alle übrigen Handwerksberufe werden sowohl vollzeitschulisch als auch dual angeboten. Bei den dualen Ausbildungen muss der Schüler einen Ausbildungsvertrag mit einem Betrieb vorweisen und der entsprechende Betrieb muss eine von der Kammer ausgestellte Lizenz zur Ausbildung nachweisen. Fast die Hälfte der Berufsausbildungszeit besteht auch in den dualen Ausbildungsgängen aus allgemeinbildenden Inhalten, was den fachtheoretischen und -praktischen Anteilen eingeschränkteren Raum lässt. Die dualen Berufsausbildungsordnungen des Handwerks werden durch das Wirtschaftsministerium (Ministarstvo gospodarstva, rada i poduzetništva) gemeinsam mit der Handwerkskammer Kroatiens (Hrvatska obrtnička komora) und in Absprache mit dem Ministerium für Erziehung und Sport (Ministarstvo znanosti, obrazovanja i športa) verabschiedet. Da der Großteil der beruflichen Bildung auf die vollzeitschulischen Ausbildungsgänge an den Mittelschulen entfällt, nimmt der praktische Teil der berufsschulischen Bildungsgänge einen wesentlich geringeren Raum ein als in der deutschen dualen Ausbildung.
- Etwa 68 % der kroatischen Beschäftigten arbeiten im Dienstleistungssektor. Ein beachtlicher Teil der Grundschulabsolventen verlässt die Schulen ohne Abschluss. Auch im tertiären Bildungsbereich fällt eine relativ hohe Drop-out-Quote auf. Aus Arbeitsgebersicht muss das Berufsbildungssystem reformiert werden: Vor allem eine Anpassung der Angebote an den Bedarf der Wirtschaft, die Verbesserung der Materialien, Methoden, Berufsprofile und Schlüsselqualifikationen werden als dringlich angesehen. Hinzu kommt ein Mangel an qualifiziertem Lehrpersonal. Aus Sicht der EU wird Kroatien in diesem Zusammenhang bescheinigt, dass es durch die angestrebten Reformen auf einem positiven Weg ist. Hinzu kommt, dass die Weiterbildungsmöglichkeiten für Erwachsene ausgebaut werden müssen: Laut einer Eurobarometer-Befragung 2006 nahmen im EU-Durchschnitt 24 % der mindestens 15-jährigen europäischen Bürger an Weiterbildungsmaßnahmen teil, in Kroatien waren es 13 %.
Das Berufsbildungssystem Kroatiens wurde in den letzten Jahren vor dem Hintergrund der Bestrebungen des Beitritts zur EU reformiert und evaluiert. 2003 begann dieser Prozess. 2005 wurde die Agentur für Berufsbildung (Agencija za strukovno obrazovanje, ASO) institutionalisiert, um den Prozess zu unterstützen. 13 regionale Berufsbildungsräte (Sektorska vijećaI) sollen die Anpassung der beruflichen Bildung an den Arbeitsmarktbedarf verbessern.
Im neuen Berufsbildungsgesetz (Zakon o strukovnom obrazovanju) von 2009 wurden die Reformen auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Folgende Ziele werden angestrebt:
- die Verbesserung der horizontalen und vertikalen Mobilität
- die Kompetenzorientierung
- die Entwicklung von offenen Curricula.
Zudem hat die kroatische Regierung 2005 ein Strategiepapier zur Entwicklung der beruflichen Bildung in Kroatien erlassen:
- Erhöhung der Qualität und Attraktivität der beruflichen Bildung (zum Beispiel durch Schülerwettbewerbe, bei denen zusätzliche Punkte für die Bewerbung um einen Studienplatz erzielt werden können),
- Entwicklung von Curricula durch Branchenkommissionen,
- Verbesserung der Orientierung der beruflichen Ausbildungsgänge an den Erfordernissen des Arbeitsmarkts.
Historische Entwicklung
Beschreibung
Weiterführende Informationen
- Bericht über das kroatische Bildungssystem der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V., Auslandsbüro Kroatien
- Berufenet in Kroatien (Vodič kroz zanimanja)
- Amtsblatt Kroatiens (Narodne Novine), ein Online-Archiv zu allen Gesetzen bzw. gesetzlichen Verordnungen u.a. zum Bildungswesen und zum Berufsbildungssystem:
- Ministerium für Bildung und Sport der Republik Kroatiens (Ministarstvo znanosti, obrazovanja i športa)
- Agentur für Berufsbildung (Agencija za strukovno obrazovanje i obrazovanje odraslih, ASOO)
- Liste der reglementierten Berufe in Kroatien