Norwegen
Beschreibung
Das Ministerium für Bildung und Forschung ist für alle Bildungsbereiche incl. der beruflichen Bildung zuständig. Es legt die äußeren Rahmenbedingungen, Strukturen und Lehrpläne fest. Kommunen und Regionen können die zentralausgearbeiteten Lehrpläne an die lokalen Bedürfnisse anpassen. Die Berufsbildungsausschüsse in den Regierungsbezirken überwachen die Qualität der Ausbildung sowie die Fach- und Gesellenprüfungen, die von den Prüfungsausschüssen durchgeführt werden.
Die zehnjährige verpflichtende Grundschulbildung (grunnskole) wird in Kinderstufe (barneskole, 1. bis 7. Klasse) und Jugendstufe (ungdomsskole, 8. bis 10. Klasse) unterteilt. Am Ende der 10. Klasse wird das Zeugnis Vitnemål for grunnskolen ausgestellt. Die Schulpflicht beginnt mit dem 6. Lebensjahr. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Grundschule setzen Schüler ihre Ausbildung an der weiterführenden Schule (videregående skole) fort. Jeder hat das Recht auf eine mindestens dreijährige Bildung im Sekundarbereich II.
In den weiterführenden Schulen werden studien- und berufsvorbereitende Ausbildungsprogramme angeboten. Die studienvorbereitenden Programme dauern 3 Jahre und führen zur Hochschulreife. Absolventen erwerben das Zeugnis Vitnemål for Videregående Opplaering. Die berufsvorbereitenden Programme dauern 2 Jahre, an die sich die betriebliche Ausbildung (opplæring i bedrift) anschließt. Falls die Schüler der berufsvorbereitenden Programme die Hochschulzugangsberechtigung erwerben wollen, können sie einen einjährigen Aufbaukurs an der weiterführenden Schule absolvieren (Vg3 påbygging). Insgesamt gibt es zurzeit zwölf Ausbildungsprogramme (utdanningsprogram), davon vier studienvorbereitende und acht berufsbildende. Folgende berufsbildende Programme gibt es:
- Bau- und Anlagentechnik
- Design und Kunsthandwerk
- Elektronik und Elektrizität
- Gesundheits- und Erziehungswesen
- Landwirtschaft, Fischerei und Forstwesen
- Restaurant und Ernährung
- Service und Transport
- Technische und industrielle Produktion
Bis 2007 war die Berufsausbildung in zwölf berufsbildende Programme gegliedert. Bis 2016 wurde außerdem das zurzeit studienvorbereitende Programm „Medien und Kommunikation“ als berufsvorbereitendes Programm angeboten. Zurzeit wird zusätzlich das berufsbildende Programm Kunst, Gestaltung und Architektur erarbeitet.
Die meisten berufsvorbereitenden Programme bestehen aus drei aufeinander aufbauenden Stufen (Vg 1-3). Die erste Stufe (Vg1) stellt einen Grundkurs dar, der sich aus den allgemeinbildenden und berufsbezogenen Fächern zusammensetzt. Im Rahmen der zweiten Stufe (Vg2) spezialisieren sich Schüler auf eine Unterkategorie des gewählten Ausbildungsprogramms. Die ersten beiden Stufen dauern jeweils ein Jahr und finden an den weiterführenden Schulen statt. Schüler werden in den Hauptfächern (fellesfag), die für alle Programme gleich sind, fachspezifischen Fächern (programfag) und vertiefenden Fächern (yrkesfaglig fordypning) unterrichtet. Die erste Theorieprüfung findet meistens nach dem 2. Ausbildungsjahr statt. Nach der weiterführenden Schule (Vg 1-2) wird den Jugendlichen kein Zeugnis ausgestellt. Die ein- oder zweijährige dritte Stufe (Vg3) ist hauptsächlich eine betriebliche Ausbildung. Nach der dritten Stufe legen die Jugendlichen die zweite Theorieprüfung und eine Fach- oder Gesellenprüfung ab und erwerben je nach Beruf einen Gesellenbrief (svennerbrev) oder einen Fachbrief (fagbrev). Damit stellt der Regelausbildungsweg ein 2+2 Modell dar, der als Kombination von schulischer und betrieblicher Ausbildung zur Berufsbefähigung (beruflichen Kompetenz (yrkeskompetanse)) führt.
Einige Ausbildungsgänge haben einen besonderen Ausbildungsverlauf. Die Ausbildung zum Zahnarzthelfer/-in ist z.B. rein schulisch organisiert, während z.B. Schlosser nur ein Jahr schulisch lernen und bereits im 2. Ausbildungsjahr in einen Betrieb wechseln. Manche technische Ausbildungsprogramme, z.B. im Elektronikbereich, sehen eine längere betriebliche Ausbildungszeit vor. Dadurch erhöht sich die Gesamtausbildungsdauer auf viereinhalb- bis fünf Jahre.
Mit einem Gesellen- oder Fachbrief und mindestens zwei Jahren Berufserfahrung oder einer 6-jährigen einschlägigen Berufserfahrung (realkompetanse), kann man an der Meisterprüfung teilnehmen und erhält bei Bestehen einen Meisterbrief (mesterbrev). Eine Teilnahme an einem etwa 400 stündigem Meisterkurs ist nicht zwingend erforderlich.
Ein Fachbrief oder Berufserfahrung von mindestens fünf Jahren berechtigt dazu, die zweijährige Technikerausbildung (teknisk fagskoleutdanning) an den technischen Fachschulen zu absolvieren, die zu einem Technikertitel führt (fagtekniker).
Die Fachschulen (fagskole) qualifizieren Jugendliche für eine Reihe von Berufen, insbesondere im Marinesektor, und bilden ein Sprungbrett zum Studium. Absolventen der weiterführenden Schule, auch ohne Hochschulreife, sowie Jugendliche mit entsprechender Berufserfahrung können eine Fachschulausbildung aufnehmen. Die Programme dauern von einem halben Jahr bis zu zwei Jahren und schließen mit einem Berufszeugnis (høgskolekandidat) und, abhängig vom Programm, Hochschulzugangsberechtigung ab.
Die Hochschulbildung gliedert sich in Bachelor- und Masterstudiengänge, an die das Promotionsstudium anschließen kann.
Quellen: J.C. Köhler, Norwegen in Internationales Handbuch der Berufsbildung, 2007
Zuständige Stelle für die Anerkennung von ausländischen Hochschul- und Universitätsabschlüssen, NOKUT
Bildungsgesetz vom 27. November 1998
Cedefop Report Norway
Das norwegische Parlament diskutiert zurzeit über das Gesetz zur Änderung des Bildungsgesetzes und des Fachschulgesetzes. Außerdem ist eine neue Verordnung über die Anerkennung ausländischer Abschlüsse geplant. Im Ausbildungssystem werden voraussichtlich keine wesentlichen Änderungen vorgenommen.
Weiterführende Informationen
Das Ministerium für Bildung und Forschung
Zuständige Stelle für die Anerkennung von ausländischen Hochschul- und Universitätsabschlüssen, NOKUT
Übersicht der Berufsbilder der berufsvorbereitenden Ausbildungsprogramme mit kurzer Beschreibung [Englisch]
Übersicht der reglementierten Berufe
Ausbildungsordnungen ab 2007