Beschreibung

Die Berufsbildungspolitik Irland fällt in die Zuständigkeit mehrerer Ministerien. Dem Ministerium für Bildung und Wissenschaft obliegt die Verantwortung für das Berufsbildungsangebot (hauptsächlich Erstausbildungs-, aber auch Weiterbildungsmaßnahmen) an den Schulen und Bildungseinrichtungen der Sekundarstufe I und II sowie im Bereich der weiterführenden Bildung und des Hochschulwesens. Das Ministerium für Gewerbe, Handel und Beschäftigung ist für politische Maßnahmen zur Anhebung der Qualifikationen und Kompetenzen der erwachsenen Bevölkerung im Rahmen des lebenslangen Lernens zuständig. Andere Ministerien tragen die Verantwortung für bestimmte Aspekte der Berufsbildung in einzelnen Wirtschaftszweigen, so z. B. in der Landwirtschaft, der Fischerei und im Fremdenverkehrsgewerbe.

Die Verantwortung und die Durchführung von Weiterbildungsmaßnahmen, zu denen der größte Teil des Berufsbildungsangebots in Irland gehört, liegt bei Solas | Learning Works . SOLAS ist eine Regierungsbehörde, in Verbindung mit 16 Bildungs- und Ausbildungsbehörden (Education and Training Boards Ireland, ETBIs formals FÀS), welche die Berufsbildungsanbieter bilden. Sowohl SOLAS als auch die ETBI – Representing ETBs sind Einrichtungen des Bildungsministeriums. Dieser Auftrag wurde im Rahmen des Weiterbildungs- und Ausbildungsgesetzes 2013 festgelegt. Das Gesetz verpflichtete SOLAS zur Vorlage einer Weiterbildungsstrategie, welche als Leitfaden für die Bereitstellung von Weiterbildungsangeboten in Irland (einschließlich beruflicher Bildung, wie z. B. Lehrlingsausbildung und Qualifizierungsinitiativen für Beschäftigte) dient. Die Weiterbildungsstrategie ergänzt andere Regierungsstrategien wie die Nationale Qualifikationsstrategie und den Aktionsplan für Beschäftigung.

Das Bildungssystem in Irland orientiert sich maßgeblich an der Einstufung des National Qualification Framework, der das Bildungssystem in 10 Level teilt. Die berufliche Bildung bewegt sich in den Level 3 bis Level 6, in Ausnahmefällen fallen Abschlüsse der beruflichen Bildung auch in Level 7 und 8. Einen guten Überblick über das irische Bildungssystem finden Sie unter dem IRISH NATIONAL FRAMEWORK OF QUALIFICATIONS (NFQ) 

Der Primarschulbesuch ist kostenlos und dauert in etwa 6 Jahre. Alle Schüler/innen werden nach einem vom Ministerium für Bildung und Wissenschaft herausgegebenen nationalen Lehrplan unterrichtet. Nach Absolvierung der Primarstufe können irische Schüler/innen ihre 3-jährige Sekundarschulbildung (sogenannte Junior Cycle; entspricht in etwa der Sekundarstufe 1) durch eine der folgenden Möglichkeiten abschließen:

- durch den Besuch einer 3-jährigen allgemeinbildenden Sekundarschule (Junior Secondary School), der zu dem Abschluss Junior Certificate führt,
- durch den Besuch einer 3-jährigen Gemeinschafts- und Gesamtschule (Community and Comprehensive Schools), die zu dem Abschluss Community and Comprehensive Junior Certificate führt, oder
- durch den Besuch einer 3-jährigen berufsbildenden Sekundarschule (Vocational Junior Secondary Schools), die zu dem ersten berufsbildenden Abschluss Vocational Junior Certificate führt.

Nach dem Ende der Pflichtschulbildung treten die meisten Schüler/innen in den Senior Cycle ein. Dieser umfasst ein (freiwilliges) Transition Year (Übergangsjahr), gefolgt von einem der drei unterschiedlich angelegten zweijährigen Bildungsgänge, die zum Erwerb des Leaving Certificate (Abschlusszeugnisses der Sekundarstufe II) führen. Hierzu gibt es folgende drei verschiedene Bildungsgänge:

(a) Der traditionelle Leaving-Certificate-Bildungsgang (LCP – Leaving Certificate Programme) wird von der Mehrzahl der Schüler/innen gewählt. Dieser bildet die allgemein anerkannte Grundlage für den Eintritt in Bildungseinrichtungen des tertiären Bereichs. Der Lehrplan kann aus einer breiten Palette von Fächern zusammengestellt werden, die u. a. Sprachen, musische Fächer, Geisteswissenschaften, Naturwissenschaften und Technik umfassen. Im Normalfall legen Schüler die Leaving-Certificate-Prüfung in sechs bis acht Fächern ab und erhalten danach das Leaving Certificate. Sowohl das Junior Certificate als auch Leaving Certificate werden von der State Examination Commission (SEC) vergeben.

(b) Das an den Vocational Secondary Schools (berufsbildenden Schülern) angebotene Leaving Certificate Vocational Programme (LCVP) ist ein Bildungsgang mit stärkerer beruflicher Ausrichtung. Das LCVP soll den Schülern die Gelegenheit zum selbstgesteuerten Lernen bieten und Innovation und Unternehmergeist fördern. Diese Ziele werden hauptsächlich durch zwei verbindliche aktivitätsgesteuerte (mehrere Fächer verknüpfende) Unterrichtsmodule erreicht – Lernbereich Unternehmen und Vorbereitung auf die Arbeitswelt. Im Rahmen dieser Module sollen die Schüler/innen kommunikative Kompetenzen, Fertigkeiten im Recherchieren und Verfassen von Berichten sowie Teamfähigkeit entwickeln. In sämtlichen Fächern und Lernbereichen des LCVP-Curriculums wird die Anwendung von aktiven Lehr- und Lernmethoden gefördert. Die Absolvierung des LCVP führt zum Vocational Leaving Certificate, das als Grundlage für den Eintritt in den tertiären Bereich anerkannt wird. Das LCVP als Qualifikation muss neben 2 LCVP-Modulen 6 weitere Fächer aus dem Senior Cycle vorweisen. Alle Ergebnisse werden auf dem Abschlusszeugnis mit den Fächern der Klassen H1-H9 (higher Level subjects) und 01-09 (ordinary Level subjects) angegeben. 

(c) Das Programm Leaving Certificate Applied (LCA) ist ein gesonderter, anders angelegter und innovativer Bildungsgang für Schüler/innen, die nicht unmittelbar in den tertiären Bildungsbereich gehen wollen. Wesentliche Prinzipien, die diesem Bildungsgang zugrunde liegen, sind ein tätigkeitsbezogenes Lernen und Lehren und die höchstmögliche Einbeziehung des Schülers in das örtliche Umfeld. Eine kontinuierliche Leistungsbeurteilung fließt zu rund zwei Dritteln in die Abschlussprüfungsnote ein. Das Programm wird ebenfalls an den Vocational Secondary Schools angeboten und führt zum Leaving Certificate Applied. Diejenigen, die diesen Bildungsgang erfolgreich absolvieren, erwerben damit die Zugangsberechtigung zu einer breiten Palette von Post-Leaving-Certificate-Kursen, von denen aus sie später gegebenenfalls in den tertiären Bereich wechseln können.

Nach dem Abschluss des Senior Cycle steht ein breites Spektrum von Ausbildungsmöglichkeiten zur Wahl. Die drei umfangreichsten Programme sind die Post-Leaving-Certificate-Kurse (PLC-Kurse), die unter anderem von Quality and Qualifications Ireland angeboten werden, sowie Traineeships, die von Eduaction and Training Boards (ETBs) organisiert werden, als auch Apprenticeships.

(a) Post-Leaving-Certificate-Kurse richten sich an Absolventen mit LCA-Abschluss sowie an Berufstätige. Die Ausbildungsgänge dauern ein oder zwei Jahre. Die Art des Abschlusses hängt vom gewählten Kurs ab. Während von Quality and Qualifications Ireland (QQI) Kurse auf Level 5 angeboten werden, gibt es andere Anbieter die auch Kurse auf Level 6 anbieten. Diese können wiederum den Zugang zur Universität ermöglichen und führen in den meisten Fällen zum Erwerb eines von der nationalen Vergabestelle QQI ausgestellten Abschlusszeugnisses, dem Post-Leaving Certificate.

(b) Ein Apprenticeship (Ausbildung) kombiniert das Lernen in einer Bildungs- und Ausbildungsstätte (Colleges) mit einer Ausbildung in einem Unternehmen. Dabei umfasst der praktische Anteil der Ausbildung mind. 50 %. Die Ausbildungen sind je nach Programm unterschiedlich lang und dauern zwischen zwei und vier Jahren. Ebenfalls variieren die Zulassungsvoraussetzungen nach gewähltem Ausbildungskurs. Die Ausbildung führt zu einem anerkannten Abschluss, der von Level 6 bis 10 reichen kann. Alle Arbeitgeber müssen von SOLAS zugelassen sein, bevor sie Auszubildende einstellen können. Das Apprenticehip endet nach 4 Jahren mit dem National Craft Certificate.

(c) Traineeships können auf Level 4-6 absolviert werden. Ihre Dauer variiert je nach Umfang des Curriculums, dem gewählten Beruf und den Qualifikationsanforderungen zwischen 6 und 20 Monaten. Mindestens 30% des Praktikums müssen aktiv am Arbeitsplatz stattfinden (learning-on-the-job). Den formalen Unterricht (off-the-job) wird in Ausbildungszentren der Education and Training Boards (ETB) gewährleistet. Traineeships stehen seit 2017 sowohl Schulabgänger als auch älteren Lernen, Arbeitslosen und bereits Beschäftigten offen.

Die Zulassung zum tertiären Bildungsbereich gründet auf den Leistungen in der „Leaving Certificate Examination“ (Abschlussprüfung des Senior Cycle), die anhand eines Punktesystems auf der Grundlage, der in jedem Fach erzielten Noten bewertet werden. Die von der öffentlichen Hand finanzierte tertiäre Bildung erfolgt in sieben Universitäten,13 Institutes of Technology (Fachhochschulen, früher „regional technical colleges“) und anderen spezialisierten Einrichtungen. Die Institutes of Technology bieten Schüler/innen, die das Leaving Certificate, das Leaving Vocational Certificate oder das National Craft Certificate absolviert haben die Möglichkeit, eine berufliche (Erst-) Ausbildung auf tertiärem Niveau absolvieren. Außerdem können sie vorheriges Lernen bzw. Qualifikationen anerkennen

Dabei können Schüler/innen zwischen dem Advanced Certificate (Level 6) und dem Higher Certificate wählen. Je nach Programm umfasst die Dauer der Studienzeit 1-2 Jahre. Nach ihrem Abschluss erhalten Absolventen die Berechtigung ein Bachelor-Studium anzuschließen. Das Studium dauert 3 bis 4 Jahre und führt zum Erwerb eines Bachelor. Bis 2006 hieß dieser Abschluss National Certificate bzw. National Diploma und wurde vom damaligen National Council for Educational Awards verliehen.

Das Higher Certificate (Level6) wird in der Regel nach einem zweijährigen Bildungsprogramm mit 120 ECTS credits vergeben. Verliehen wird das Higher Certificate von QQI, Institutes of Technology und manchen Universitäten.

Non-formale Bildung

Das Ministerium für Bildung und Wissenschaft veranstaltet Ausbildungsmaßnahmen für Arbeitslose und andere Arbeitsuchende in ihren eigenen Ausbildungszentren sowie im Rahmen von Programmen, die in ihrem Auftrag durch externe Ausbildungsanbieter durchgeführt werden. Das Ausbildungsangebot reicht von der Vermittlung von spezifischen Fachkenntnissen über unternehmerische Schulungen für Existenzgründer und Selbstständige bis zu Förderunterricht/Grundlagenschulungen für sozial Benachteiligte.