Länderprofil
Abbildung Ukraine 2020

Ukraine

Gültigkeit Seit 01.09.2020
Amtssprache Ukrainisch Die Staatssprache ist Ukrainisch, als Verkehrssprache wird auch Russisch verwendet. Regional werden auch weitere Sprachen wie Rumänisch, Moldavisch, Ungarisch und Polnisch verstanden.

Beschreibung

Im Gegensatz zum zentralistisch ausgerichteten Bildungssystem ist das Berufsbildungssystem seit 2007 einem zunehmenden Dezentralisierungsprozess qua gesetzlichem Dezentralisierungsdekret unterworfen und zielt auf eine langfristige Übertragung der Berufsbildungsfinanzierung und des Berufsbildungsmanagements auf die Regionalebene. Das Ministerium für Bildung und Wissenschaft ist für die allgemeine Organisation und Überwachung des Bildungsbereichs zuständig. Verschiedene Bildungseinrichtungen sind dem Gesundheitsministerium, dem Ministerium für Kultur sowie dem Ministerium für Landwirtschaft unterstellt, das Bildungsministerium ist diesen gegenüber im Bildungsbereich weisungsbefugt.

Die Verwaltung der Berufsbildung wird auf nationaler Ebene durch ein speziell bevollmächtigtes zentrales Exekutivorgan für den Bereich der Berufsbildung geregelt, dessen Funktionen gegenwärtig vom Ministerium für Bildung und Wissenschaft ausgeübt werden. Es hat unter anderem die Aufgaben, die Durchsetzung der staatlichen Berufsbildungspolitik zu organisieren und Entwicklungsperspektiven zu umreißen sowie Gesetzesentwürfe, das staatliche Verzeichnis der Ausbildungsberufe, staatliche Berufsbildungsstandards, Rahmenlehrpläne, Curricula und andere Rechtsakte mit Bezug auf das Funktionieren der Berufsbildung auszuarbeiten. Darüber hinaus ist es für die Gründung, Auflösung und Lizenzierung der berufsbildenden Schulen zuständig.

Das Berufsbildungssystem der Ukraine ist durch ein ausgedehntes Netz berufsbildender Schulen gekennzeichnet. Insgesamt gab es im Jahr 2019 1061 Bildungsanbieter. Es gibt verschiedene Schultypen und Eigentumsformen. Es gibt jedoch keine Übereinstimmung zwischen der Bezeichnung einer Bildungsinstitution und dem damit verbundenen Bildungsniveau sowie deren Qualität. Lediglich Lehrplaninhalt und Zeugnis/ Diplom geben Aufschluss über Niveau und Qualität des Bildungsabschlusses.

Das Berufsbildungssystem stellt dabei eine hohe Durchlässigkeit zwischen den Ausbildungsstufen sicher. 

Berufliche Grundbildung [початковий рівень професійної (професійно-технічної) освіти/ pochatkovyi riven‘ profesiinoi (profesiino-tekhnichnoi) osvity] vermittelt kursartig eine berufliche Anfangsausbildung, insbesondere im Produktions- und Dienstleistungsbereich und dauert zwischen einer Woche und sechs Monaten. Es besteht keine Zugangsbeschränkung zu den Bildungseinrichtungen der beruflichen Grundbildung (Berufsbildungskurse, Berufsschulen, Bildungs- und Produktionszentren). Eine abgeschlossene Sekundarstufe I ist hierfür nicht erforderlich. Die berufliche Grundbildung wird mit einem Zeugnis [свiдоцтво] abgeschlossen. 

Berufliche Basisbildung [професійна (професійно-технічна) освіта/ profesiina (profesiino-tekhnichna) osvita] vermittelt technisches Wissen, Theorietransfer und die Fähigkeit zur Durchführung komplexer operativer Prozesse. Die Ausbildung findet sowohl in Berufsschulen [училища/uchylyshcha] als auch in spezialisierten technischen Berufsschulen [технікуми/technikumy] sowie in Bildungs- und Produktionszentren statt. Die Dauer der beruflichen Basisbildung variiert je nach Eingangsqualifikation. Zugangsvoraussetzung ist jedoch der Abschluss der allgemeinbildenden Sekundarstufe I nach der 9. Klasse. Die berufliche Basisbildung wird mit dem Diplom „Qualifizierter Arbeiter“ [диплом кваліфікованого робітника/dyplom kvalifikovanogo robitnika] abgeschlossen und ermöglicht die Ausübung eines Berufs. Mit dem Abschlusszeugnis wird auch eine Einstufung in eine Gehaltsklasse zugewiesen. Seit 2015 wird die berufliche Basisbildung zusätzlich als duale Ausbildung angeboten. Die duale Ausbildungsform befindet sich noch im Ausbau. Im Jahr 2019 wurden weniger als 4% der Auszubildende dual ausgebildet. 
Ausnahmeregelungen ermöglichen auch Personen, die die Sekundarstufe I nicht abgeschlossen haben, den Zugang zur Berufsausbildung in ausgewählten Berufen. 

Berufliche voruniversitäre Bildung [фахова передвища освіта/fakhova peredvyshcha osvita] vermittelt spezialisierte technische Fachkenntnisse, den Umgang mit komplexen Technologien sowie die Fähigkeit zur Problemlösung in atypischen Situationen. Die Ausbildung findet in der Regel an den Fachberufsschulen [фаховий коледж/fakhovyi koledzh] statt. Sie kann aber auch an den Berufsschulen [професійні училища/profesiini uchylyshcha], Lyzeen [ліцеї/litsei] und Hochschulen [інститути, університети/instytuty, universytety] mit entsprechender Lizenz erfolgen. Die berufliche voruniversitäre Ausbildung wird auf der Grundlage der allgemeinbildenden Basisschule (nach der 9.Klasse), der allgemeinbildenden Fachoberschule/der vollständigen allgemeinbildenden Oberschule (nach der 11./12.Klasse), der beruflichen (beruflich-technischen) Bildung, der beruflichen voruniversitären Ausbildung oder der Hochschulbildung erworben. Der Umfang der beruflichen voruniversitären Bildung beträgt auf der Grundlage der Oberschule 120-180 ECTS-Punkte und auf der Grundlage der allgemeinbildenden Basisschule bis zu 240 ECTS-Punkte. Personen, die eine berufliche voruniversitäre Ausbildung auf der Grundlage der allgemeinbildenden Basisschule erhalten, sind verpflichtet, gleichzeitig das Bildungsprogramm der allgemeinbildenden Oberschule zu absolvieren. Am Ende der voruniversitären Bildung wird das Diplom „Junior Fachbachelor“ [диплом фахового молодшого бакалавра/dyplom fakhovogo molodshogo bakalavra] verliehen. Die erste Zulassung zur beruflichen voruniversitären Bildung fand im Jahr 2020 statt.

Im Jahr 2014 wurden im Bereich der Hochschulbildung zusätzlich Short-Cycle-Programme [короткий цикл вищої освіти/korotkyi tsykl vyshchoi osvity] eingeführt. Der Umfang dieser Programme beträgt 90-120 ECTS oder 1,5-2 Jahre. Diese Anfängerstufe der Hochschulbildung wird mit dem Diplom „Junior Bachelor“ [диплом молодшого бакалавра/dyplom molodshogo bakalavra] abgeschlossen. Die Zugangsvoraussetzung ist die abgeschlossene allgemeine Oberschule und/oder die abgeschlossene berufliche voruniversitäre Bildung (Junior Fachbachelor). Die erste Zulassung zum Short-Cycle-Programm „Junior Bachelor“ fand im Jahr 2019 statt.
 

 

Landesspezifische Besonderheiten

Seit 2014 orientiert sich die Ukraine zunehmend Richtung Westen und Europäischer Union. Im Jahr 2014 wurde das Hochschulgesetz neugeordnet, im Jahr 2017 das Bildungsgesetz, das die Anpassung des ukrainischen Hochschulsystems an die Bologna-Reformen untermauerte. Im Jahr 2019 wurde das neue Gesetz über voruniversitäre Berufsbildung verabschiedet. Das Berufsbildungsgesetz wird noch entwickelt. Darüber hinaus wird seit 2015 die duale Ausbildungsform nach dem deutschen Vorbild ins Berufsbildungssystem integriert.

In der Ukraine gibt es unkontrollierte Gebiete (Regionen Saporischschja, Cherson, Luhansk und Donezk sowie Autonome Republik Krim und Sewastopol), in denen zurzeit die Zeugnisse nach dem russischen Berufsbildungssystem ausgestellt werden. 

Aktuelle Reformprozesse

Am 28.09.2017 ist in der Ukraine ein neues Bildungsgesetz in Kraft getreten. 
Änderungen durch das neue Bildungsgesetz:
 
1.    Grundlegendes: Kompetenzorientierung, stärkere Fach-/Berufsorientierung bereits in der allgemeinbildenden Schule

2.    Dreistufiges allgemeinbildendes Schulsystem, Gesamtdauer: 12 Jahre (ab 2018, bis dahin die Dauer von 11 Jahren)*

Grundschule (ukr.: початкова освiта) – 4 Jahre

Allgemeinbildende Basisschule (ukr.: базова середня освiта) – 5 Jahre – Gymnasien (ukr.: гiмназія) 

Allgemeinbildende Fachoberschule (ukr.: профiльна середня освiта) – 3 Jahre (statt wie bisher 2) – Lyzeen und Einrichtungen der mittleren Berufsbildung (ukr.: лiцей або заклад професiйноï освiти). Lyzeen mit akademischer oder beruflicher Ausrichtung. Akademische Ausrichtung: Vorbereitung auf ein Hochschulstudium. Berufliche Ausrichtung: mittlere Bildung und Berufsabschluss. 

In Übereinstimmung mit dem Gesetz der Ukraine "Über die Bildung" (Absätze 3-4 des Absatzes 3 des Abschnitts XII) beginnt die Ausbildung von Schülern in den Programmen der zwölfjährigen allgemeinen Sekundarschulbildung:
              
             - für die Grundschule - ab dem 1. September 2018;
             - für die allgemeinbildende Basisschule - ab dem 1. September 2022;
             - für die allgemeinbildende Fachoberschule - ab dem 1. September 2027.

Bis 2027 ist die Einführung von Bildungsprogrammen einer dreijährigen Fachoberschule durch Beschluss des Ministeriums für Bildung und Wissenschaft möglich.

3.    Eingeführte Kompetenzen: Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse in Kommunikation in der Amts- und Fremdsprachen, Mathematik, allgemeine Kultur, Ökologie, Eigeninitiative, Innovationsfähigkeit, Fähigkeit zum lebenslangen Lernen

4. Drei Formen des Bildungserwerbs der beruflichen Bildung:

         - Formelle (innerhalb des offiziellen Systems der Erhöhung des Bildungsniveaus)
         - Non-formelle (außerhalb des offiziellen Systems der Erhöhung des Bildungsniveaus – Trainings, Kurse) und
         - Informelle (eigenständiges Lernen)

5. Inklusive Bildung (Einrichtung von Klassen für Menschen mit besonderem Förderbedarf an regulären Schulen)

6. Berufsausbildung (ukr.: професійнa (професійнo-технічнa) освітa): nach 9 Klassen der allgemeinbildenden Schule – berufliche Colleges – Erwerb eines Berufsabschlusses mit/ohne Hochschulabschluss.

7. Hochschulstudium (вища освіта) in Form von Bachelor- und Magisterstudium: Bachelor (ukr.: бакалаврат): 3 Jahre (anstatt wie bisher 4), Magister (ukr.: магістратура): 2 Jahre (anstatt wie bisher 1,5).

8. Wissenschaftliche/Schöpferische Ebene der Hochschulbildung (ukr.: освітньо-науковий/освітньо-творчий рівень вищої освіти)
 
Das Berufsbildungssystem ist seit 2007 einem zunehmenden Dezentralisierungsprozess in Hinblick auf die Verbesserung von Effizienz und Ansprechbarkeit durch ein gesetzliches Dezentralisierungsdekret unterworfen und zielt auf eine langfristige Übertragung der Berufsbildungsfinanzierung und des Berufsbildungsmanagements auf die Regionalebene. In drei Modellregionen, den Städten Kiew, Kharkov und Lemberg wird dieses Modell seit 2007 praktiziert bevor es landesweit Anwendung finden soll und mit einer konkrete Budgetzuordnung für den Berufsbildungsbereich ausgestattet wird.
 

Historische Entwicklung

Berufsbildungssystem von 1998 bis 2019
Gültigkeit: 01.01.1998 - 01.01.2019

Beschreibung

Das Berufsbildungssystem ist dreistufig und stellt dabei eine hohe Durchlässigkeit zwischen den Stufen sicher.

Die erste Stufe [першого ступеню/pershogo stupenyu] vermittelt kursartig eine berufliche Anfangsausbildung, insbesondere im Produktions- und Dienstleistungsbereich  und dauert zwischen einer Woche und sechs Monaten. Es besteht keine Zugangsbeschränkung zu den Bildungseinrichtungen der ersten Stufe (Berufsbildungskurse, Berufsschulen, Bildungs- und Produktionszentren). Eine abgeschlossene Sekundarstufe I ist hierfür nicht erforderlich. Die erste Stufe wird mit einem Zeugnis (Свiдоцтво) abgeschlossen.

Die zweite Stufe der Berufsbildung [другого ступеню/drugogo stupenyu] vermittelt technisches Wissen, Theorietransfer und die Fähigkeit zur Durchführung komplexer operativer Prozesse. Die Ausbildung findet sowohl in Berufsschulen [училища/uchylyshcha] als auch in spezialisierten technischen Berufsschulen [технікуми/technikumy] sowie in Bildungs- und Produktionszentren statt. Die Dauer der zweiten Stufe variiert je nach Eingangsqualifikation. Zugangsvoraussetzung ist jedoch der Abschluss der allgemeinbildenden Sekundarstufe I nach der 9. Klasse. Die zweite Stufe wird mit dem Diplom „Qualifizierter Arbeiter“ [диплом кваліфікованого робітника/dyplom kvalifikovanogo robitnika] abgeschlossen und ermöglicht die Ausübung eines Berufs. Mit dem Abschlusszeugnis wird auch eine Einstufung in eine Gehaltsklasse zugewiesen. Seit 2015 wird die zweite Stufe der Berufsbildung zusätzlich als duale Ausbildung angeboten. Die duale Ausbildungsform befindet sich noch im Ausbau. Im Jahr 2019 wurden weniger als 4% der Auszubildende dual ausgebildet.
Ausnahmeregelungen ermöglichen auch Personen, die die Sekundarstufe I nicht abgeschlossen haben, den Zugang zur Berufsausbildung in ausgewählten Berufen.

Die dritte Stufe der Berufsbildung [третього ступеню/tret'ogo stupenyu] vermittelt spezialisierte technische Fachkenntnisse, den Umgang mit komplexen Technologien sowie die Fähigkeit zur Problemlösung in atypischen Situationen. Die Ausbildung findet an höher spezialisierten Colleges statt. Zugangsvoraussetzung zur dritten Stufe ist der Abschluss der Sekundarstufe II nach der 11. Klasse. Bei nicht Vorliegen einer vollständigen Sekundarbildung kann diese im Rahmen einer zweijährigen, komplementären Ausbildung parallel erworben werden. Die dritte Stufe wird mit dem Diplom „Qualifizierter Arbeiter“ [диплом кваліфікованого робітника/dyplom kvalifikovanogo robitnika] abgeschlossen oder mit einem Diplom „Junior Spezialist“ [диплом молодшого спеціаліста/dyplom molodshogo spetsialista].

Das gesamte Bildungssystem sowie das Berufsbildungssystem ist seit der Deklaration der Souveränität der Ukraine am 16. Juli 1990 und seit der Veröffentlichung des Gesetzes der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik - über die Bildung im Juni 1991 einem weitgehenden Reformprozess unterworfen. Am 3. November 1991 wurde ein staatliches Bildungsprogramm "Bildung - Die Ukraine im 21. Jahrhundert" (Osvita - Ukrajina XXI stolittja) verabschiedet. Es stellte eine systematisierte und konkretisierte Gesamtkonzeption zur Reform und Reorganisation des Bildungswesens dar.

Im Rahmen der seit 1991 durchgeführten  Bildungsreform (Reorganisation der beruflichen Spezialisierung, Erhöhung des Qualifikationsniveaus der Lehrkräfte, Überarbeitung der Lehrpläne, Ausrichtung der Lehrinhalte an den Anforderungen des Arbeitsmarktes, Kooperation zwischen dem Berufsbildungssektor und den Universitäten) wurden verschiedene technische und berufsbildende  Ausbildungen in den Bereich der höheren Bildung überführt. Gleichzeitig wurden vier institutionelle Akkreditierungsstufen eingeführt, von denen die Akkreditierungsstufen eins bis drei für den Bereich der beruflichen Bildung relevant sind, die vierte Stufe bezieht sich auf den Bereich der Hochschulbildung.

Seit 1996 wurden zahlreiche grundlegende Gesetze für die Bildungsreform verabschiedet. Die Reform der Berufsbildung ist im Gesetz über die Berufsbildung von 1998 und dem Gesetz über die gestufte Berufsbildung von 1999 geregelt, zu deren Umsetzung weitere Rechtsakte erfolgten.

Berufsbildungssystem zur Zeit der Sowjetunion von 1950 bis 1992
Gültigkeit: 01.01.1950 - 31.05.1991

Beschreibung

Eine Beschreibung des Berufsbildungssystems der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, kurz UdSSR, findet sich unter Sowjetunion

Weiterführende Informationen

Quellen und Links

Aktuelles ukrainisches Berufsbildungsgesetz (ukr.: Про професійну (професійно-технічну) освіту) von 1998, aktuelle Fassung von 2022
 

 

Informationen des Auswärtigen Amtes