Länderprofil
Abbildung Paraguay 1992

Paraguay

Gültigkeit Seit 01.01.1992
Amtssprache Guaraní Spanisch Guaraní ist in Paraguay auf dem Land weit verbreitet und wird dort frequentierter bzw. im Mix mit Spanisch gesprochen. In den Städten beherrschen die Einwohner meist vereinzelte Sätze auf Guaraní.

Beschreibung

In Paraguay wird die Bildung weitestgehend vom Ministerium für Bildung und Wissenschaft (Ministerio de Educación y Ciencias – MEC) gesteuert und verwaltet. Speziell im Bereich der Beruflichen Bildung ist aber häufig auch das Ministerium für Arbeit, Beschäftigung und Soziale Sicherung (Ministerio de Trabajo, Empleo y Seguridad Social – MTESS) zuständig. Das Bildungssystem besteht aus einem formellen sowie einem informellen Sektor und reicht von der Grundbildung über die weiterführende Bildung bis hin zu spezialisierten Bildungsgängen. Unterteilt wird das System dabei in drei Bildungsstufen: Die erste Stufe umfasst die Frühkindliche Bildung (Educación Inicial) und die Primarbildung (Educación Escuela Básica). Darauf aufbauend folgt die Sekundarstufe (Educación Media), die mit dem Abitur (Bachillerato) abschließt. Die dritte Stufe entspricht der Höheren Bildung (Educación Superior), also universitären sowie berufsbildenden Ausbildungsgängen.

Die Primarbildung beginnt mit dem sechsten Lebensjahr, ist für alle Kinder verpflichtend und erfolgt an öffentlichen sowie privaten Schulen (escuelas publicas o privadas). In drei Zyklen von jeweils drei Jahren bekommen die Schüler und Schülerinnen bis zu ihrem 14. Lebensjahr die Grundbildung vermittelt (1° – 9° grado).

Die Berufliche Grundbildung (Capacitación Profesional Básica) zielt darauf ab, junge Menschen in solchen Bereichen auszubilden, die mit der Produktion von Gütern sowie mit Dienstleistungen verbunden sind. Um eine Ausbildung zu beginnen, muss mindestens das 6. Schuljahr der Primarbildung abgeschlossen worden sein. Damit dient die Berufliche Grundbildung auch dazu, zu einem Abschluss der Grundbildung zu verhelfen. Aktuell werden Ausbildungen in 55 Fachrichtungen, die 11 Berufsgruppen zugeordnet sind, angeboten. Ein Schwerpunkt liegt auch hier auf dem Bereich der Landwirtschaft. Das Ministerium für Landwirtschaft und Viehzucht (Ministerio de Agricultura y Ganadería – MAG) führt Landwirtschaftsschulen, die speziell auf dieses Berufsfeld ausgerichtet sind. 

Anschließend an diese neun grundbildenden Schuljahre haben die Schülerinnen und Schüler verschiedene Optionen, ihre schulische Ausbildung fortzuführen. Die Dauer beträgt immer jeweils einen Zyklus mit einer Dauer von drei Jahren. Die Schüler und Schülerinnen können sich entscheiden, ob sie ein wissenschaftliches Abitur (Bachillerato Científico) mit Schwerpunkt auf Kunst, Sozialwissenschaften oder Grundlagenforschung und Technologie anstreben, oder ob sie ein technisches Abitur (Bachillerato Técnico) mit Schwerpunkten auf Gewerbe, Dienstleistungen oder Landwirtschaft bevorzugen. Mit dem Abschluss Bachillerato Técnico werden die Hochschulzugangsberechtigung und der Arbeitsmarktzugang erworben. Zurzeit bietet das MEC im Rahmen des technischen Abiturs Ausbildungen in 27 verschiedenen Fachrichtungen an, die 23 Berufsgruppen zuzuordnen sind.

Als eine weitere Option bietet das MEC selbst oder in Kooperation mit anderen Ministerien und Institutionen im Bereich der Berufsausbildung Möglichkeiten der Professionalisierung auf verschiedenen Qualifikationsniveaus und in verschiedenen Fachrichtungen an. Eine Partnerorganisation ist der Nationalen Dienst für Laufbahnentwicklung (Servicio Nacional de Promoción Profesional – SNPP).

Aufbauend auf das Abitur folgt in der Regel der Eintritt in das System der Höheren Bildung. Dieses setzt sich zusammen aus Universitäten (universidades), Hochschulen (institutos superiores) und weiteren Institutionen der Höheren Beruflichen Bildung (formación profesional del tercer nivel), der Lehrerausbildung (formación docente) sowie den Fachhochschulen (institutos técnicos). Die Höhere Berufliche Bildung sowie die Ausbildung an Fachhochschulen (educación técnica superior) sind dabei vom universitären Sektor abgegrenzt und bieten Kurse an, die über zwei oder mehr Jahre gehen. Die Kursstruktur basiert auf einem Lehrplan, der sich aus einzelnen, auf den jeweiligen Ausbildungsgang ausgerichteten Modulen zusammensetzt. Je nachdem, ob Höhere Berufliche Bildung oder Technische Spezialisierung angestrebt wird, variiert die Stundenanzahl der Module von 40 bis 300 bzw. von 100 bis 350 Stunden und regelt somit die gesamte Ausbildungsdauer nach der wöchentlichen Stundenverteilung. Der Schwerpunkt liegt hier auf dem Dienstleistungsbereich und zwar überwiegend im Privatsektor. Es werden Bildungsgänge in 170 Fachrichtungen angeboten, die 23 Berufsfamilien zugeordnet sind.

Die meisten Ausbildungen zum "Técnico Superior" werden an Universitäten und Hochschulen angeboten. Seit 2004 können diese Ausbildungen auch an Fachhochschulen (Institutos Técnicos Superiores) vom MEC anerkannt werden.

Landesspezifische Besonderheiten

Das paraguayische Bildungssystem befindet sich seit den 1990er Jahren in einer Aufbauphase und die Nachfolgen der 1989 endenden Diktatur erschweren teilweise immer noch das Etablieren eines stabilen Bildungs- und Sozialsystems. Von den etwa 1,7 Millionen jungen Erwachsenen im Alter von 15 bis 29 Jahren hatten im Jahr 2011 nur 29% einen Sekundarabschluss (Abitur) und sogar nur 5% einen weiterführenden Abschluss (Bachelor, Master etc.) (Plan Nacional de Mejoramiento de la Educación técnica y profesional en el Paraguay, 2011). In einer Studie aus dem Jahr 2016 gaben 15,23% der Befragten an, 6 Jahre oder weniger zur Schule gegangen zu sein (Población Juvenil, 2016). 

Seit Anfang der 1990er Jahre kann eine schrittweise Reformierung beobachtet werden. Im Zuge der 1992 implementierten neuen Verfassung wurde das politische System in Paraguay grundlegend reformiert. Auch im Bereich Bildung wurden seitdem Schritt für Schritt Reformen umgesetzt. 

In Paraguay gibt es darüber hinaus weiterhin einen ausgeprägten informellen Bildungssektor. Speziell für die Bevölkerungsschichten, die sich Höhere Bildung nicht leisten können, gibt es diverse Programme und Unterstützungsmaßnahmen, die von kirchlichen und privaten Trägern angeboten werden.

Aktuelle Reformprozesse

Zwischen 2011 und 2013 lag der Fokus auf dem Ausbau des Sektors der Beruflichen Bildung. Bereits in den Jahren zuvor hatte es vereinzelte Bemühungen gegeben, Ausbildungsgänge aufzubauen. Diese Prozesse waren insgesamt aber noch sehr ungeordnet und wenig zielgerichtet. Mittels des  „Plan Nacional de Mejoramiento de la Educación Técnica y Profesional“ wurden im Jahr 2011 dann verschiedene Strategien beschlossen und umgesetzt. Daran beteiligt waren das damalige Ministerium für Bildung und Kultur (Ministerio de Educación y Cultura), das Ministerium für Justiz und Arbeit (Ministerio de Justicia y Trabajo) samt des ihm untergeordneten Nationalen Dienstes für Laufbahnentwicklung (Servicio Nacional de Promoción Profesional – SNPP) sowie das Nationale System für Aus- und Weiterbildung (Sistema Nacional de Formación y Capacitación Laboral – SINOFOCAL). 

Eine der Strategien war die Einführung des technischen Abiturs, das in verschiedenen Fachrichtungen abgeschlossen werden kann. Die verschiedenen Fachrichtungen werden bislang noch nicht flächendeckend angeboten, sodass bei Interesse an einem konkreten Ausbildungsgang ggf. ein Umzug in einen anderen Bezirk notwendig wird. Dieser Teil der Beruflichen Bildung wird der Educación Media zugerechnet und hat das Ziel, eine passgenaue Ausbildung für konkrete praktische Berufsfelder anzubieten. Die Aufnahme in einen Ausbildungsgang erfolgt durch eine Bewerbung. Bewertet werden die Leistungen der letzten Jahre der Educación Escolar Básica sowie die Ergebnisse eines psychotechnischen Eignungstests. Mehr Informationen finden sich auf der Webseite des Ministeriums für Bildung (MEC). 

Zwischen 2014 und 2018 wurde das Programm zur Verbesserung der technischen und beruflichen Bildung weitergeführt. Ziele waren die Strukturierung und öffentliche Verbreitung der verschiedenen Angebote im Bereich der Technischen und Beruflichen Bildung, der verstärkte Hinweis auf die Relevanz von Ausbildungsberufen für die Wirtschaft des Landes sowie die Angleichung von Normen in den verschiedenen Ausbildungsgängen (OEI, 2014). 

Ziel der paraguayischen Regierung ist es zudem, mit Hilfe deutscher Expertise und Beratung Ansätze für ein Berufsbildungswesen in Anlehnung an das „Duale System“ zu schaffen. So wird seit 2014 mit Unterstützung von BMZ und giz das Ziel verfolgt „inhaltliche, personelle und organisatorische Voraussetzungen für eine bedarfsorientierte, kooperative Berufsbildung in der Mechatroniksparte zu schaffen“ (giz, 2014). Zudem arbeitet das Bundesinstitut für Berufliche Bildung seit Ende 2016 mit der paraguayischen Regierung an der Entwicklung eines Dualen Systems zusammen (Auswärtiges Amt, 2018). Bei diesen Kooperationen sind erste Ergebnisse vorzuweisen: Ein erster paraguayischer Ausbildungsgang dualer, kompetenzbasierter Berufsbildung wurde Anfang 2018 zertifiziert, maßgebliche staatliche Stellen wurden durch die Ergebnisse überzeugt, das kooperative Berufsbildungsmodell zu fördern und auf andere Berufsfelder zu erweitern. Das paraguayische Bildungs- und Arbeitsministerium gehen deshalb inzwischen konzertiert vor und kooperieren intensiviert mit dem BIBB (giz, 2018).

Derzeit wird in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Arbeit, Beschäftigung und soziale Sicherheit (Ministerio de Trabajo, Empleo y Seguridad Social) an der Umsetzung des nationalen Bildungssystems für Berufsqualifikationen gearbeitet.

Aktuelle Reform: Plan Nacional de Educación 2024

Historische Entwicklung

Berufsbildungssystem von 1973 bis 1991
Gültigkeit: 01.01.1973 - 31.12.1991

Beschreibung

1870 wurde das Recht auf Bildung in der Nationalen Verfassung verankert. 1909 wurde zusätzlich eine landesweite Schulpflicht für alle Kinder zwischen 7 und 14 Jahren eingeführt. 1940 unterschrieb die damalige Regierung eine Verpflichtung des Staates, Bildung für alle frei zugänglich zu machen und die Höhere Bildung an Universitäten sowie die Berufsbildung zu fördern. 1973 wurde die Berufliche Bildung schließlich offiziell ins Ausbildungssystem eingegliedert. Im Jahr 1992 gab es eine landesweite Bildungsreform, die unter anderem zur Folge hatte, dass auch an den weiterführenden Schulen (colegios) technische Ausbildungen angeboten werden konnten. Zuvor war dies nur an sogenannten technischen Schulen (colegios técnicos) möglich gewesen. Im August 2010 trat das Gesetz (Ley) 4088 in Kraft, welches festlegt, dass die weiterführende Bildung in Paraguay für alle Bürgerinnen und Bürger verpflichtend ist und vom Staat kostenfrei angeboten werden muss.

Weiterführende Informationen

Quellen und Links

Links zu relevanten nationalen Stellen und Ministerien

Ministerium für Bildung und Kultur: 

Ministerio de Educación y Ciencias - MEC

Ministerium für Arbeit, Beschäftigung und Soziale Sicherheit: 

Ministerio de Trabajo, Empleo y Seguridad Social - MTESS

Nationales System für Berufliche Aus- und Weiterbildung: 

Sistema Nacional de Formación y Capacitación Laboral - SINOFOCAL

Nationaler Dienst für Laufbahnentwicklung: 

Servicio Nacional de Promoción Profesional - SNPP

Ministerium für Industrie und Handel: 

Ministerio de Industria y Comercio - MIC

Ministerium für Landwirtschaft und Viehzucht: 

Ministerio de Agricultura y Ganaderia - MAG

Ministerium für Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation: 

Ministerio de Obras Públicas y Communicaciones - MOPC

Ministerium für Gesundheit und soziale Sicherheit: 

Ministerio de Salud Pública y Bienestar Social - MSPBS

 

Akkreditierte Berufsbildungsgänge/Curricula:

Lehrpläne der Berufsbildungsgänge Bachillerato Técnico auf der Seite des MEC:

Programas de Estudio de Bachilleratos Técnicos

 

Quellen

Zahlen und Daten zum technischen Abitur, https://mec.gov.py/cms/?ref=296468-datos-fundamentales-sobre-los-bachilleratos-tecnicos-en-el-nivel-medio

OEI, http://www.oei.org.py/Oei/Educacion [28.03.2019]

Deutschlandfunk Kultur, 2014, https://www.deutschlandfunkkultur.de/paraguay-der-diktator-ging-seine-partei-blieb.932.de.html?dram:article_id=276427 [25.07.2018]

Auswärtiges Amt, 2020, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/paraguay-node [22.04.2020]

Destatis, 2018, https://www.destatis.de/DE/Themen/Laender-Regionen/Internationales/Laenderprofile/paraguay.pdf?__blob=publicationFile&v=3 [25.07.2018]

giz, 2014, https://www.giz.de/de/weltweit/24106.html [25.07.2018]

BIBB, 2016, https://www.bibb.de/de/56177.php [25.07.2018]

 

Informationen des Auswärtigen Amtes